Image

China und Taiwan: doppelte Abhängigkeit – doppeltes Risiko

Ereignisse

Die aktuellen Kriege in der Ukraine und in Nahost lassen die angespannte Situation in Ostasien derzeit in der öffentlichen Wahrnehmung in den Hintergrund treten. Für die Weltwirtschaft, vor allem aber für deutsche Unternehmen, liegt hier jedoch der Krisenherd mit der größten Sprengkraft.

Das doppelte Risiko

Die potentiellen Auswirkungen auf unsere Wirtschaft sind deshalb so verheerend, weil es eine doppelte Abhängigkeit von beiden Konfliktparteien gibt. Zu der bekannten Abhängigkeit von der Volksrepublik China als wichtigem Absatzmarkt und als (oft ausschließlicher) Lieferant kritischer Rohstoffe und Vorprodukte kommt die umfassende Abhängigkeit von der Republik China auf Taiwan als dem globalen Fertigungsstandort für Halbleiter-Chips (ICs). Taiwan produziert mehr als 60 Prozent der Halbleiter weltweit, und mehr als 90 Prozent der modernsten Halbleiter. Im Fall eines rot-chinesischen Angriffes auf Taiwan werden also nicht nur die Wirtschaftsbeziehungen mit der Volksrepublik aufgrund der zu erwartenden massiven westlichen Sanktionen weitgehend zum Erliegen kommen. Hinzu kommt ein weitestgehender Stillstand aller Industrien, die auf hochwertige Halbleiter angewiesen sind. Dieser betrifft in dramatischer Weise die Sektoren IT, Maschinenbau, Automatisierung, Automobil, Industrie- und Unterhaltungs-Elektronik, Medizintechnik, Luft- und Raumfahrt, Wehrtechnik, um nur die wichtigsten zu nennen. Dies gilt auch schon bei niederschwelligeren Konflikten, wie zum Beispiel einer von der Volksrepublik China schon wiederholt angedrohten und geübten Seeblockade der Insel Taiwan.

Die aktuelle Lage

Derzeit nehmen die Spannungen in der Region rapide zu. Wiederholte nordkoreanische Raketentests, gemeinsame Militärmanöver der Volksrepublik China und Russlands, rot-chinesische Okkupationen im südchinesischen Meer, verbunden mit dem Ausbau von Militärstützpunkten auf den illegal annektierten Inselgruppen haben entsprechende Reaktionen der USA und Ihrer regionalen Verbündeten ausgelöst. Die westlich orientierten Demokratien der Region von Süd-Korea über Japan, Taiwan, die Philippinnen, Singapur, Australien und Neuseeland investieren massiv in ihre Verteidigungsfähigkeit. Die USA ihrerseits erweitern ihre Handlungsoptionen durch zusätzliche Militärstützpunkte in der Region und durch gezielte Umstrukturierungen Ihrer Streitkräfte im Hinblick auf einen potentiellen Krieg um Taiwan. Die jüngsten Entspannungssignale beim Treffen Biden – Xi sind leider kein Grund zur Entwarnung. Denn die fundamentalen Gegensätze bestehen unverändert weiter. Zugleich zeichnen sich zunehmende wirtschaftliche und soziale Herausforderungen für die Volksrepublik China ab, beispielsweise durch die eskalierende Immobilienkrise. Dies kann den dortigen Machthaber Xi zusätzlich motivieren, zum bewährten Mittel bedrängter Despoten zu greifen: durch einen Krieg von innenpolitischen Schwierigkeiten abzulenken.

Die Handlungsoptionen

Es gibt also ausreichend Anlass zur Sorge, vor allem aber gibt es dringenden Anlass zu proaktivem Handeln. Hier nur ein paar wenige Anregungen:

  • Differenzieren Sie Ihre Lieferketten und Absatzmärkte: „China plus one“-Strategie: https://www.hermes-supply-chain-blog.com/chinaplus1/
  • Sorgen Sie für eine angemessene Bevorratung, insbesondere von ICs entlang Ihrer gesamten Wertschöpfungskette
  • Verwenden Sie in Ihren (Vor-)Produkten vorrangig ICs, die in Europa oder den USA produziert werden.

Weitere Überlegungen

Bedenken Sie, unabhängig vom oben beschriebenen Krisenszenario, dass die Volksrepublik China ein „nicht regelbasierter“ Konkurrent für unser westliches Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell ist. Siehe hierzu auch: https://www.br.de/nachrichten/wirtschaft/china-ist-ein-risiko-fuer-deutsche-firmen-us-experte-glenn-tiffert-sieht-gefahr-fuer-mittelstand,TuXLx7S

Das bedeutet für Unternehmen vor allem, dass dem Know-How Schutz in und gegenüber der Volksrepublik China ein besonderes Augenmerk gelten muss. Dies gilt für Forschungskooperationen unter Beteiligung rot-chinesischer Partner ebenso wie bei Mitarbeitern oder Lieferanten, die Bezug zur Volksrepublik China haben. Auch Cyberattacken durch staatlich gelenkte Akteure sind ein häufig gewähltes Mittel zur Ausspähung wichtigen Know-Hows oder zur Schädigung missliebiger Akteure. Hinzu kommt direkte oder indirekte (z.B. Auslesen von 5G-Daten mittels Huawei-Netzwerk-Equipment) Wirtschaftsspionage gegen westliche Unternehmen sowie die Gefahr der Sabotage kritischer Infrastruktur.

Ist Ihr Unternehmen auf diese Risiken eingestellt? Kennen Sie die Auswirkungen der oben beschrieben Szenarien auf Ihre Lieferketten? Achten Sie auf Know-How-Schutz und IT-Sicherheit? Welche Handlungsoptionen bereiten Sie heute schon vor oder haben Sie bereits initiiert?

Wenn Sie auf alle diese Fragen konkrete Antworten haben, sind Sie gut aufgestellt. Andernfalls sollten Sie zügig handeln. Professionelle Unterstützung hilft Ihnen dabei, Abläufe zu beschleunigen und Fehleinschätzungen zu vermeiden.

20.12.2023

Kategorien

Ereignisse
Grundlagen